Der in Berlin lebende Künstler Andreas Golinski vollzieht mit seiner künstlerischen Arbeit einen Brückenschlag zwischen der italienischen Arte Povera und einer modernen Variante der Spurensicherung, die im Wesentlichen durch die Bilder seine Heimat der Industriestadt Essen geprägt ist. Golinski ist damit zu einer Gruppe internationaler junger Künstler zu zählen, die nach Jahren der Affirmationskunst wieder eine kritische Haltung gegenüber dem Kunstbetrieb und seinen Verwertungsstrategien einnimmt. Ihre sperrigen Arbeiten konstruieren sie aus möglichst roh belassenen Werkstoffen. Sie sind prägnant, radikal und anti-dekorativ.
Der Begriff Arte Povera wurde vor dreißig Jahren von dem italienischen Kritiker Germano Celant geprägt. Die Werke dieser Kunstrichtung bilden die Welt nicht ab, sondern erschaffen sie in poetischen Erzählungen und unerwarteten Konstellationen immer wieder neu. Um offene, trasformatorische Werke zu schaffen, nutzten ihre Vertreter wie Iannis Kounellis oder Giovanni Anselmo die Direktheit armer Materialien wie Granit, Stahl aber auch die Vergänglichkeit von natürlichen Produkten ihrer Umgebung wie etwa Zitronen. Diese gegensätzlichen Stoffe sollten in ihrem physischen Zusammenspiel wirken und verborgene Energien freisetzen.
Andreas Golinskis Objekte und Installationen aus Stahl, Glas, Pressholz und schwarzer Farbe sind Erinnerungsfragmente von vergangenen Erlebnissen und entfernten Orten. Sie komprimieren den Augenblick zwischen Gegenwart und Vergangenheit und schaffen vielschichtige Projektionsflächen, die immer wieder
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Der in Berlin lebende Künstler Andreas Golinski vollzieht mit seiner künstlerischen Arbeit einen Brückenschlag zwischen der italienischen Arte Povera und einer modernen Variante der Spurensicherung, die im Wesentlichen durch die Bilder seine Heimat der Industriestadt Essen geprägt ist. Golinski ist damit zu einer Gruppe internationaler junger Künstler zu zählen, die nach Jahren der Affirmationskunst wieder eine kritische Haltung gegenüber dem Kunstbetrieb und seinen Verwertungsstrategien einnimmt. Ihre sperrigen Arbeiten konstruieren sie aus möglichst roh belassenen Werkstoffen. Sie sind prägnant, radikal und anti-dekorativ.
Der Begriff Arte Povera wurde vor dreißig Jahren von dem italienischen Kritiker Germano Celant geprägt. Die Werke dieser Kunstrichtung bilden die Welt nicht ab, sondern erschaffen sie in poetischen Erzählungen und unerwarteten Konstellationen immer wieder neu. Um offene, trasformatorische Werke zu schaffen, nutzten ihre Vertreter wie Iannis Kounellis oder Giovanni Anselmo die Direktheit armer Materialien wie Granit, Stahl aber auch die Vergänglichkeit von natürlichen Produkten ihrer Umgebung wie etwa Zitronen. Diese gegensätzlichen Stoffe sollten in ihrem physischen Zusammenspiel wirken und verborgene Energien freisetzen.
Andreas Golinskis Objekte und Installationen aus Stahl, Glas, Pressholz und schwarzer Farbe sind Erinnerungsfragmente von vergangenen Erlebnissen und entfernten Orten. Sie komprimieren den Augenblick zwischen Gegenwart und Vergangenheit und schaffen vielschichtige Projektionsflächen, die immer wieder um die Themen von Erinnerung und Vergessen kreisen. Beide Sujets wehren sich in Golinskis Werken physisch spürbar gegen ihre Flüchtigkeit. Dennoch versinken sie im tiefen Schwarz seiner Arbeiten wie in einem dichten Nebel.
Die Installationen Golinskis evozieren aus der Dunkelheit heraus machtvolle Erinnerungsräume. Abgeschottet von einer heiteren, farbigen Tageswelt führt der Künstler den Betrachter in ein Schattenreich. Das kalte Licht einer Glühbirne beleuchtet ein blindes Fenster, ohne Helligkeit zu schaffen. Es entsteht eine unwirkliche Bruchstelle zwischen hell und dunkel, sehen und auslöschen, in dem die gefühlte Temperatur gegen Null sinkt. Ausweglos steht der Besucher in diesem Raum, ist auf sich selbst zurückgeworfen. An der Schwelle von Materialität zur Immaterialität reflektieren diese Arbeiten den Menschen als dunklen Spiegel seiner selbst.
Andreas Golinski befragt zentrale Parameter des Daseins. Einen Amboss entzieht der Künstler seiner ursprünglichen pragmatischen Bedeutung, indem er ihn zu seinem eigenen „Bild“ macht. Dokumente wie Zeitungen übermalt er pastos mit Schwarz, so dass Inhalte und Bedeutungen für das Auge undurchdringlich und unsichtbar werden. . In seinen Objekten gewährt der immer wieder Einblicke in die Abgründe und Untiefen der menschlichen Existenz. Sie beschreiben die Vergänglichkeit jeglicher Existenz und symbolisieren darüber die Fragilität des Moments, die Ungewissheit des Lebens
Nüchtern, direkt und auf das Wesentliche beschränkt ist die Sprache Golinskis. Die von ihm eingesetzten Parameter sind mit wenigen Worten beschrieben: Montage, Serialität, raues Material, Farbe die zu Substanz wird. Die Reduktion thematisiert eindringlich eine vom Menschen veränderte Umwelt zwischen Konstruktion und Dekonstruktion. Die monochrome Atmosphäre des post-industriellen Zeitalters verspinnt er mit Elementen seiner persönlichen Welt zu einem dichten Geflecht aus Referenzen, die ebenso eindeutig wie rätselhaft sind.
Die Arbeiten Golinskis basieren auf der Durchdrungenheit des Alltags von Bildern, die tief in das kollektive Gedächtnis eingebrannt sind. In Leuchtkästen gesampelte Fotografien von Industriearchitekturen der Nachkriegszeit zeigen auf irritierend reflexive Weise Relikte einer verschwundenen Epoche. Er zerschneidet und übermalt diese Reproduktionen und archiviert sie als kulturelles Gedächtnis. Der radikale Gestus des Zerstörens, des Annullierens gewinnt dabei an Bedeutung. Seine Kommentare zu Leben und Tod betonen das Namenslose wie die Wiederholung und lassen damit Ordnung und Systematik spüren. Im Tod jedoch gibt es keine Hierarchien, Privilegien oder gar eine Nutzanwendung.
Andreas Golinski verwertet emblematische Formen aus der Zeit der Industrialisierung. Er sucht die Auseinandersetzung mit einer Kultur, die sein Leben geprägt hat, obwohl sie für ihn nur aus der Retrospektive existiert. Seine Arbeiten sind daher auch als eine Reaktion auf die Entzauberungen einer technikorientierten Welt zu lesen, deren geheimnislosen Materialismus er sich widersetzt. Die Erinnerung an diese Epoche ist verschwommen, ihre Utopien sind gescheitert. Zurück bleibt ein unerfülltes Gefühl der Leere.
Friederike Nymphius