Du bist als Oberwalliser im Alpstein aufgewachsen und hast als Skilehrer gearbeitet, bist du ein Berghase?
Ich denke in Bergen. Ich habe schon als Kind Zickzackberge gezeichnet und dann Skilifte, Sesselbahnen und Skipisten in den Schnee gesetzt. Blaue, rote und schwarze Pisten, Suonen zur Bewässerung mit dem heiligen Wasser.
Du organisierst die Berge, die Natur…
Nein, die Landschaft hat mich organisiert. Ich versuche damit umzugehen ohne selber eine Gartenbeiz aufzumachen.
Ich habe deine kleinen Arbeiten vor Jahren kennenlernen dürfen, nun sind die Formate riesig geworden, was ist passiert?
Man hat im Kopf zehn verschiedene Horizonte und Fluchtpunkte. Eine Landschaft voller Berge aus Erinnerungen, Ablagerungen, Überlagerungen und Aufschüttungen. Früher hab ich das bündeln wollen, zusammenbringen, kontrollieren, aus den Einzelteilen ein neues Ganzes herstellen. Das ging besser im kleinen Format – Kopfgrösse. Dann hab ich die Übersicht verloren, die Kontrolle – es begann zu flimmern, die einzelnen Teile fielen auseinander und in kleine Stücke; mein Kopf hat daraus einen grossen Flickenteppich zu nähen begonnen. Tritt man näher, sieht man die Felsen, Gesteinsschichten, Faltungen, erste Moose besiedeln den Stein. Und umgekehrt. Tritt man einen Schritt zurück, sieht man ein abstraktes Gebilde. Beides ist da. Aber immer von oben, ich hab leider noch
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Du bist als Oberwalliser im Alpstein aufgewachsen und hast als Skilehrer gearbeitet, bist du ein Berghase?
Ich denke in Bergen. Ich habe schon als Kind Zickzackberge gezeichnet und dann Skilifte, Sesselbahnen und Skipisten in den Schnee gesetzt. Blaue, rote und schwarze Pisten, Suonen zur Bewässerung mit dem heiligen Wasser.
Du organisierst die Berge, die Natur…
Nein, die Landschaft hat mich organisiert. Ich versuche damit umzugehen ohne selber eine Gartenbeiz aufzumachen.
Ich habe deine kleinen Arbeiten vor Jahren kennenlernen dürfen, nun sind die Formate riesig geworden, was ist passiert?
Man hat im Kopf zehn verschiedene Horizonte und Fluchtpunkte. Eine Landschaft voller Berge aus Erinnerungen, Ablagerungen, Überlagerungen und Aufschüttungen. Früher hab ich das bündeln wollen, zusammenbringen, kontrollieren, aus den Einzelteilen ein neues Ganzes herstellen. Das ging besser im kleinen Format – Kopfgrösse. Dann hab ich die Übersicht verloren, die Kontrolle – es begann zu flimmern, die einzelnen Teile fielen auseinander und in kleine Stücke; mein Kopf hat daraus einen grossen Flickenteppich zu nähen begonnen. Tritt man näher, sieht man die Felsen, Gesteinsschichten, Faltungen, erste Moose besiedeln den Stein. Und umgekehrt. Tritt man einen Schritt zurück, sieht man ein abstraktes Gebilde. Beides ist da. Aber immer von oben, ich hab leider noch nie Berge von unten gesehen.
Interessierst du dich für Geologie?
Natürlich. Man siehst ja immer nur die Oberfläche. Der Geologe schaut, was sehe ich an der Oberfläche. Er sieht ja auch nur die Oberfläche, die Topographie. Aber dann projiziert er die gefundenen Gesteine mit Hilfe der Stereoprojektion in die Tiefe und erhält so ein Profil, das eine mögliche Tiefenstruktur darstellt. Und dieses Interferenzmuster von sichtbarer Topografie und angenommener Tiefenstruktur, die kann man auf meinen Bildern sehen, zum Beispiel wie sich die Fälenalp in einer Gesteinsfalte ausruht.
Der Flickenteppich an den Wänden der Berg-Nomaden, der Valser? Wie reisen sie heute?
Die Fahrt auf einem Sessellift ist noch immer die Geschwindigkeit meiner Reisen und die Lieblingshöhe meiner Staffelei. Die kleinen und kleinsten Felder und Äcker, Wiesen und Gärten, Erbschaften von Erbschaften – genähte Flickenteppiche, wo sich das Lokale mit dem Globalen vernäht, wo von Familie zu Familie, von Generation zu Generation gewandert werden kann, wo sich alles annähert, dort entsteht eine Karte, eine Landschaft, die, wenn man zurücktritt, mit dem Sessellift darüber schwebt, auf dem fernen Gipfel steht, ein Bild ergibt. Man erkennt eine allgemeine Theorie der Relationen, ohne einen Punkt, der die Konstruktion als Brennpunkt zusammenhält, noch sie als Pyramide verfestigt. Alles ist in Bewegung. Die Natur tut nichts anderes. So male ich an meinem Flickenteppich, den Stoff vor mir, wie ein Bildhauer sein Material.
Der Maler malt nur die Oberfläche und der Betrachter sieht nur die Oberfläche.
Genau… Aber eine Oberfläche kann so komplex sein, dass man das Gefühl nicht loswird, dass etwas darunter sein muss.
Und was ist das, was darunter ist?
Energie, Ideen, Liebe… keine Ahnung.
Manchmal hab ich das Gefühl, deine Landschaften explodieren.
Ich habe eher an implodieren gedacht. So zusammengedrückt das ist. Aber eigentlich erodiert das ja. Und gleichzeitig werden da Gebirge aufgetürmt, enorme Gesteinsmassen. Das hält sich so ziemlich die Waage. Man weiss nicht, welche Kraft gewinnen wird.